Kaschmir – Wie nachhaltig ist die edle Naturfaser?

Kaschmir – Wie nachhaltig ist die edle Naturfaser?
2. Mai 2020 Caroline
In Naturfaser
Kaschmir Label
9 Min. Lesezeit

Kaschmir gilt als Luxusprodukt und wird gerade in Deutschland zu immer billigeren Preisen verkauft. Die edle Wolle stammt von Kaschmirziegen, die in der Mongolei oder in China leben. Doch wie wird die Kaschmir Wolle hergestellt und wo hat das Produkt seinen Ursprung? Und ist Kaschmir eigentlich nachhaltig? Diesen Fragen gehen wir auf den Grund.[1] 

Woher stammt Kaschmir und aus was besteht die edle Wolle?

Kaschmir wird ausschließlich von Kaschmirziegen gewonnen. Diese leben in China und der Mongolei, wo die Temperaturen im Winter auf bis zu – 30 Grad fallen.[1]
Das führt dazu, dass den Ziegen eine besonders feine und dichte Unterwolle wächst, die sie auch vor Sandstürmen schützt. Je länger und kälter ein Winter ist, desto besser ist die Qualität der Kaschmirwolle. Kaschmir besteht also aus dem Fell der Ziegen, welches ihnen dann einmal im Jahr, im Frühjahr, ausgekämmt wird, wenn sie den wärmenden Pelz nicht mehr brauchen. [2]

Kaschmirziege

Bei Temperaturen von bis zu -30 Grad wächst den Kaschmirziegen die begehrte Unterwolle

Die Tierrechtsorganisation PETA Asia hat aufgedeckt, dass die Prozedur, um an das teure Kaschmir zu kommen, oft sehr schmerzhaft für die Ziegen abläuft. Sie werden gewaltsam zu Boden gedrückt und dann so grob gekämmt, dass sie mit Schnitten und Wunden zurückbleiben.[1]

Augenzeugen berichten von Ziegen, denen die Beine verdreht werden und die qualvoll schreien. Wenn die Ziegen für die Kaschmirproduktion nicht mehr genug Wolle haben, werden sie brutal geschlachtet. Ziegen sind sehr intelligente Tiere mit Fluchtinstinkt – in den Schlachthäusern müssen sie ihren Artgenossen beim Sterben zusehen. [2] Ist das der Kaschmir Schal wirklich wert?

Was wird aus Kaschmirwolle hergestellt?

Pullover, Mützen, Mäntel, Handschuhe und Schals: Das Repertoire an Kaschmirprodukten ist groß. Gerade im Winter gewinnen Kaschmirprodukte bei uns an Beliebtheit. Es gibt aber auch Kaschmirdecken oder Bettwäsche. Der Verarbeitung des Luxusproduktes sind hier fast keine Grenzen gesetzt.

Was ist wärmer: Kaschmir oder Wolle? Wie fühlt sich Kaschmir an?

Die Wolle ist besonders leicht, weich und fein im Vergleich zur Schafwolle. Da die Wolle die Ziegen in den besonders kalten Wintermonaten in Zentralasien wärmt, hält sie auch uns besonders warm und ist dabei angenehm zu tragen. [3]

Warum ist Kaschmir so teuer?

Die Kaschmirziegen können nur einmal im Jahr gekämmt werden, dabei gewinnt man pro Ziege im Schnitt 240 g Kaschmir. [2] Für einen Pullover benötigt man die Unterwolle von drei bis fünf Ziegen. Zudem muss die feine Unterwolle aufwändig vom groben Deckhaar getrennt werden. Zum Vergleich: Bei Schafen reicht die Schurwolle von einem Tier für bis zu 15 Pullover. [3] Ein Kaschmir Pullover wird aber häufig schon ab 50 bis 60 € im Handel angeboten, Schals manchmal schon ab 30 €. Für ein Luxusprodukt ist das doch sehr günstig. Die Erklärung dafür ist einfach: Es kursieren viele Fälschungen und teilweise werden synthetische Fasern oder Schafswolle dem edlen Kaschmir beigemischt. Echthaar-Analytiker Kim-Hô Phan erklärt, dass man für einen hochwertigen Schal ca. 120 bis 150 g Kaschmir benötigt und ein qualitativ hochwertiger Schal aus reinem Kaschmir ca. 100 € kostet. Der Faseranalytiker hat 30 Jahre lang beim Deutschen Wollforschungsinstitut, heute ist es das Leibniz-Institut für interaktive Materialien. Dabei begegneten ihm ca. 50 bis 60 % Fälschungen, die teilweise keine einzige Kaschmirfaser enthielten. [4] [5]
Ein einfacher Test, um die Qualität der Kaschmirfaser zu überprüfen ist Pilling. Damit werden die kleinen Knötchen bezeichnet, die sich bei Reibung auf dem Stoff bilden. Häufig treten diese Fusseln unter den Armen auf. Viel Pilling ist ein Indiz dafür, dass kürzere, nicht so hochwertige Kaschmir Fasern verarbeitet wurden.[5] [6]

Bei Fasergemischen ist es für den Kunden kaum nachweisbar, welche und wieviel fremde Fasern dem Kaschmirprodukt untergemischt wurden. Bei einem hohen Anteil an Fremdfasern kann man allerdings nach ein paar Wäschen feststellen, dass das Produkt härter wird, da die chemisch behandelten Fasern nach und nach ihre Weichmacher verlieren.[4]

Kaschmir

Kein Pilling ist ein Indiz dafür, dass hochwertige, lange Kaschmirfasern verwendet worden sind. 

Wie wäscht man Kaschmir? Wie pflegt man Kaschmir?

Kaschmir lässt sich im Wollprogramm in der Waschmaschine waschen oder per Handwäsche. Zum Trocknen sollte das Kleidungsstück nicht aufgehängt oder ausgewringt werden – dabei kann es die Form verlieren. [4]

Wo kann ich fair gehandeltes Kaschmir erwerben?

Ein Unternehmen, das sich einer fairen und ethischen Produktion von Kaschmir verschrieben hat, ist FTC – Fair Trade Cashmere.

Gegründet wurde das Label von Jutta und Andreas Knezovic im Jahr 2003. Sie stellen hochwertiges und edles Cashmere her und haben dabei die komplette Lieferkette im Blick. Der bayerische Unternehmer Andreas Knezovic hat dafür in der Mongolei eine eigene Ziegenfarm eröffnet, welche sich der Einhaltung bestimmter Werte verpflichtet: Keine Ausbeutung von Mensch und Tier, Umweltbewusstsein und Tradition.

„Ich bin der Meinung, bei einer limitierten Rohware muss man sich um die Belange der Leute kümmern, sonst hat man es nicht verdient, das Produkt verkaufen zu dürfen oder herstellen zu dürfen.“ (Andreas Knezovic)

Das Kaschmir wird auch dort verarbeitet, wo die Rohware ihren Ursprung hat. Die Ziegen werden einmal im Jahr ohne Gewalt gekämmt. Die Wolle wird vor Ort weiterverarbeitet und mit natürlichen Farbstoffen aus Deutschland und der Schweiz gefärbt. Wenn man Luxuxprodukte verkauft, dann muss man auch wissen, welcher landwirtschaftliche Aufwand hinter dem Ursprung dessen steht, so Andreas Knesovic.

Um den Farmern eine bessere Perspektive zu bieten, hat FTC 2007 sogar eine Schule für die Kinder der Bauern errichtet. Viele junge Menschen hatten das Land verlassen, um in der Stadt zu studieren oder zu arbeiten. Das ist mehr als nur ein faire und nachhaltige Lieferkette zu gewährleisten. [7] [8]

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Ist Kaschmir nachhaltig?

Als tierische Naturfaser ist Kaschmir nicht vegan. 90 % des Kaschmirs auf dem Weltmarkt stammt aus China und der Mongolei und wird von dort aus über die ganze Welt verteilt. Kaschmirziegen können zwar auch in anderen Regionen gehalten und gezüchtet werden, aber nur in den besonders harten klimatischen Bedingungen von Zentralasien wächst den Ziegen die begehrte Unterwolle. [1] Durch die steigende Nachfrage hat die Zahl der Ziegen in Zentralasien stark zugenommen. 1990 weideten in der mongolischen Steppe noch 4,5 Mio Ziegen, heute sind es 27 Mio Tiere. Die Folge sind Überweidung und Bodenerosion. Die Ziegen fressen das Gras mitsamt der Wurzel, wodurch kaum etwas nachwächst.[4]

Es wird davon ausgegangen, dass 60 bis 70 % der mongolischen Steppe überweidet sind. Dadurch wird die Steppe zunehmend zur Wüste, immer häufiger breiten sich Sandstürme aus. Die intensive Tierhaltung verbraucht nicht nur die Ressourcen der Steppe, sondern auch enorm viel Wasser. In weniger als zehn Jahren können Ziegen und Hirten dort nicht mehr überleben.[1]

Die Kaschmirproduktion hat also nicht nur Auswirkungen auf das Leben von Millionen von Tieren, sondern hinterlässt auch in der Natur in der jetzigen Intensität irreparable Schäden.

Trotzdem ist Wolle ein nachwachsender Rohstoff, der zudem biologisch abbaubar ist. Durch die schonende Pflege werden Kleidungsstücke aus Wolle eher ausgelüftet und seltener gewaschen – das spart Wasser und Energie. Zudem gibt Wolle beim Waschen kein Mikroplastik ab und gilt als sehr langlebiges Material. [9]

Welche pflanzlichen Alternativen zu Kaschmir gibt es?

Um Tierleid nicht zu unterstützen, kann man von tierischen Wollprodukten auf natürliche Fasern wie Baumwolle, Leinen, Hanf, Lyocell oder Modal umsteigen. Eine weitere pflanzliche Naturfaser ist Sojaseide. Ihren Namen erhält die pflanzliche Faser aus ihren seidenähnlichen Eigenschaften. Die Faser ist weich und glänzend, temperaturregulierend und sehr angenehm auf der Haut zu tragen. Sojaseide kann in der Waschmaschine gewaschen werden, ohne dabei die Form zu verlieren, zudem knittert das pflanzliche Produkt viel weniger als konventionelle Seide. Die Produktion von Sojaseide erfolgt aus einem Nebenprodukt der Sojabohnen Ernte. Angeblich soll die Sojaproteinfaser auch feuchtigkeitsspendende Aminosäuren an die Haut abgeben. Sojaseide ist genau wie tierische Fasern biologisch abbaubar.[10] [11]

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